Schwarz wirkt beruhigend. Schwarz strukturiert. Schwarz schafft Kontraste. Schwarz fördert die Eleganz. Schwarz hat Charakter. Schwarz passt immer. Noch Fragen? Und was ist mit Farbe?

Natürlich sind Farben wichtig. In der Küche besonders. Wir reden gern darüber und auch immer wieder. Die farbige Küchenfront kann ein prima Türöffner sein. Eine Möglichkeit, um Aufmerksamkeit zu schaffen und ins Gespräch zu kommen. Doch gewöhnlich bleibt vom Ferrari-Rot aus dem Schaufenster im Lauf des Planungsprozesses nicht viel übrig. „Am Ende ist die Küche Weiß“, lautet eine der ausdauernden Branchenweisheiten. Wobei es aktuell natürlich Grau heißen muss. Womit nichts gegen Weiß und Grau gesagt sein soll. Es gibt wunderschöne Weiß- und Grautöne. Von Polar bis Porzellan, von Stein bis Schiefer. Und jetzt alles in Schwarz? Frei von Nuancen? Je tiefer desto besser? Die Küche als eine Art schwarzer Wirbel, der alles verschluckt, was sich unbedacht nähert? Nein, natürlich nicht.

Aufregende Entwicklungen bringen Schwung in die kreative Küchenplanung. Zum Beispiel die Herangehensweise des Colornetwork, das sich unter dem Dach des Trendfilter in Bünde gebildet hat. Initiatorin Katrin de Louw und weitere ausgewiesene Fachleute betrachten das Thema Farbe vielschichtig und definieren ausgewählte „Sustained Colors“. Was übersetzt „nachhaltige Farben“ bedeutet.

Der kritische Beobachter mag argwöhnen, dass hier wieder einmal etwas unter dem butterweichen Nachhaltigkeitsbegriff vermarktet werden soll. Doch das stimmt nicht. Im Colornetwork entstehen zeitgemäße Farbempfehlungen, die sich über viele Jahre beweisen sollen. Und die sich mit Kombinierfreudigkeit wie aus dem „Mix&Match“-Lehrbuch empfehlen. Fünf dieser Zeitlosfarben sind bereits dargelegt. Je nach Stilrichtung erdig oder leicht und stets vielfältig einsetzbar. 

Die Aktivitäten des Colornetwork stehen nicht allein. Gerade die Holzwerkstoffhersteller und auch manche Küchenhersteller machen sich von Haus aus intensive Gedanken zur farbigen Gestaltung von Oberflächen. Auch über die Möglichkeiten des RAL-Farbfächers hinaus. Zu Jahresbeginn laufen diese Denkfabriken gewöhnlich auf Hochtouren. Was viele spannende Geschichten mit sich bringt. Deutlich wird immer wieder: Jede erfolgreiche Farbe steht in Bezug zu tragenden gesellschaftlichen Entwicklungen. Derzeit will kein Mensch quietschendes Zitronengelb oder aufputschendes Azurblau. Denn Aufbruch, Wagemut und Abenteuer sind gerade nicht gefragt. Analog zum allgegenwärtigen Bedürfnis nach Geborgenheit im sicheren Zuhause sind erfolgreiche Farben zurückhaltend, gedeckt, ein Hauch pastellig. Sie müssen Gemütlichkeit ausstrahlen. Die harten Kontraste haben bis auf weiteres ausgespielt. Allzu nüchterne Umsetzungen auch. Alles, was sich gern zu kühlen Materialien wie Edelstahl oder Aluminium gesellt, wird bald zum Ladenhüter. Selbst die lange Zeit so beliebte Beton-Optik hat den Höhepunkt überschritten. Schon jetzt sehen Produktdesigner die reine Beton-Kultur als beendet. Wenngleich der Mainstream wohl noch zwei, drei Jahre vom Sog der Heckwelle dieser Mode gezogen wird.

Die Bedeutung von Farben bei der Gestaltung von Innenräumen wird steigen. Ebenso das gemeinsame Spiel von Materialien und Oberflächenstrukturen. Denn mit stimmigen Kombinationen und ergänzenden Akzenten lassen sich exakt jene Wohn- und Küchenräume einrichten, wie sie sich Kunden jetzt und auf Dauer wünschen. Sprich: Es geht um individuelle Wohnlichkeit im gemütlichen Zuhause. Diese Blickrichtung ist nicht neu, spezialisiert sich aber weiter.

Dabei spielen die Nicht-Farbe Schwarz und andere dunkle Oberflächen selbstverständlich tragende Rollen. Das ist eine grundlegende Entwicklung, die sich längst durchgesetzt hat. Wie schon gesagt: „Schwarz passt immer.“ Eine weitere Branchenweisheit fürs Notizbuch. Wer daran noch zweifelt, sollte einfach mal in die Küchenschränke hinein oder zur Küchenspüle schauen. Der schwarze Akzent hat Konjunktur und wird bleiben.

Dieser Beitrag ist als Editorial in der Ausgabe KÜCHENPLANER 3/4 2021 erschienen.